Die Bedürfnishierarchie
Nach Ansicht des amerikanischen Psychologen Maslow ordnen sich die menschlichen Bedürfnisse hierarchiemäßig. Die Basis dieser Pyramide sind die physiologischen Bedürfnisse wie Essen, Trinken und Schlafen. Auf zweiter Ebene stehen die Sicherheitsbedürfnisse wie Schutz der Gesundheit, Vorratshaltung und Geborgenheit. Darauf bauen die sozialen Bedürfnisse auf. Zu ihnen gehören beispielsweise Freunde, Akzeptanz in der Gruppe und am Arbeitsplatz. Die vorletzte Stufe ist die Befriedigung der Ich-Bedürfnisse wie Autonomie und Selbstachtung und an der Spitze steht die Selbstverwirklichung. Sie kann nach Maslow erst erfolgen, wenn alle anderen Bedürfnisse erfüllt sind. Störungen auf einer der „oberen Ebenen“ wirken sich allerdings auf alle darunterliegenden Ebenen aus.
Übertragen auf die Ernährung bedeutet diese Bedürfnishierarchie: Wir haben reichlich und genug zu essen, so dass wir uns mindestens auf der zweiten Ebene unserer Bedürfnisse bewegen oder sogar noch höher. In dem Moment, wo aber beispielsweise der Schutz der Gesundheit nicht mehr gewährleistet ist, sei es, dass wir krank sind oder einfach nur das Bedürfnis haben, etwas zum Schutz unserer Gesundheit tun zu müssen, rücken die rein physiologischen Bedürfnisse der ersten Ebene in den Blickpunkt dieser zweiten Ebene. Dann brauchen wir Essen nicht mehr um „nur“ satt zu werden, sondern wir setzen Nahrungsmittel als Präventivmaßnahme gegen Krankheiten oder sogar zur Heilung von Krankheiten ein.
Wer bei einem akuten Magen-Darm-Infekt zunächst einmal jede Nahrung verweigert und übergangsweise freiwillig Haferschleim mit geriebenem Apfel isst, nimmt real vorhandene Bedürfnisse seines Körpers wahr und unterstützt damit die Genesung. Das ist eine sinnvolle Ernährungstherapie.
Zunehmend wird aber von verschiedensten Experten in uns das Bedürfnis geweckt, präventiv gegen eine Reihe von Krankheiten zu essen. Einige Regeln sind fest etabliert: Wenig Fett, salzarm, reich an Salat, Gemüse, Obst und Vollkornprodukten soll sie sein, die präventive Ernährung für jeden.
Je nach Expertenteam wird noch der zusätzliche Verzehr von diversen Nahrungsergänzungsmitteln empfohlen. Häufig beruft man sich auf wissenschaftliche Ergebnisse. Doch genauer betrachtet, steht der wissenschaftliche Beweis an vielen Stellen noch aus. Man findet zwar für jede Hypothese mindestens eine bestätigende Untersuchung, doch legt man „evidenzbasierte” Kriterien an, nach denen hohe Ansprüche an das Profil aussagekräftiger Studien gestellt werden (herkommend von der evidence based medicine), kommt man zu ernüchternden Ergebnissen, beispielsweise in der Fettforschung.